WIR SIND HIER!
Eigenes Können präsentieren. Sich selbst dabei spüren und anderen mitteilen. Das Können anderer kennenlernen. Den Unterschied Beider wahrnehmen. Gemeinsamkeiten entdecken. Neue Kombinationen eigenen Könnens mit dem Neuen wagen. Sich selbst ausprobieren und in der neuen Kombination spüren. Eine neue Ausdrucksform für die eigene Kunst finden.
Die Arbeit, die man in Suche und Motivation investieren muss, um Menschen zu finden, dazu zu bewegen diese Schritte zu gehen und diese Erfahrung mit sich selbst zu machen, ist imens. Fast zwei Jahre lang hat das Projekt WIR! von der Idee bis hin zu großen Performance WIR SIND HIER ! diese Arbeit geleistet und wurden dafür mit zwei ausverkauften Vorstellungen der Premiere am 17.Februar 2013 im Nationaltheater belohnt. In einem intensiven Scouting hatten WIR! nach Gruppen und Vereinen in Mannheim gesucht, die in irgendeiner Form mit Musik und Tanz die eigene Kultur pflegten, um sie für das WIR! Projekt zu begeistern. In unzähligen Workshops ging es immer darum, in wieweit man verschiedene Musik- und Tanzstile kombinieren kann. Das funktioniert nur über Kennenlernen und Ausprobieren. Wie genau diese Herangehensweise ablief, konnten Zuschauer im ersten Akt von WIR SIND HIER! in einem Parcour über Stationen in den Foyers des Nationaltheaters nachvollziehen. Jeweils zwei Stile wurden einzeln angespielt und dann vorsichtig übereinander gelegt.
In der anschließenden Performance des zweiten Aktes im Schauspielhaus wurden die Kombinationsmöglichkeiten dann mannigfaltig präsentiert. Die Musik kam in klassischer Form vom großen WIR!-Orchester, welches um einige weitere Instrumente wie z.B. Akkordeon ergänzt war, und als elektronische Musik vom Band. Dabei waren in die Kompositionen und Choreographien die Klänge und Rhythmen aus den Kulturräumen der Menschen eingearbeitet, die anfangs als Vertreter ihrer Kultur zum WIR!-Projekt kamen. Vertraute Musik zu fremden Tänzen zu spielen, Vertrautes auf fremde Musik zu tanzen um dann irgendwann Fremdes auf Bekanntes oder Fremdes mit anderem Fremden aufzuführen. Irgendwann fangen diese Kategorien an aufzuweichen, gleichzeitig wird die Arbeit stark idenitätsstiftend, da der Einzelne das Ursprüngliche nicht aufgeben muss und sich trotzdem mit neuen Aspekten bereichert. Von der Identifikation mit sich selbst, über die Gruppe, das Projekt ist es am Ende vielleicht so etwas abstraktes wie die Stadt, in der man lebt, mit der die Teilnehmer sich verbunden fühlen.
Erst wenn man sich vor Augen hält, auf wieviele Lernschritte man für diesen kreativen Prozess braucht, wird klar, wie wichtig die Impulsgeber vom WIR!-Team waren. Man kann sich selbst fragen, wieviel Input man bräuchte, um auf die Idee zu kommen etwas Anderes zu machen, als das was man sowieso schon immer tut und dies dann auch in die Tat umzusetzen. Diesen Input hat WIR! geliefert und deshalb kann deren Verdienst gar nicht hoch genug bewertet werden. Vor allem da hinter den Prontagonisten auf der Bühne ganze Vereine und gesellschaftliche Gruppen stehen, die sich durch das WIR!-Projekt repräsentiert und einbezogen sehen. So ist das auch ein großes Stück Integrationsarbeit und zwar in einer Form, die nicht danach fragt, wer hier wen integriert, sondern in einem auf Gegenseitigkeit und Gemeinsamkeit ausgerichteten Prozess die Chancen und das kreative Potential von Begegnungen ausschöpft.
Es bleibt zu hoffen, dass dieses in Mannheim gestartete Experiment durch weitere Unterstützung zum Aushängeschild der Stadt werden kann und sich so die investierte Arbeit als besonders nachhaltig erweist. Es schadet nicht, wenn man als Stadt etwas hat womit man angeben kann.